Mit der Namensfrage der CVP (Christlichdemokratische Volkspartei) bekommt die Politik der christlichen Werte neuen Schwung. Ist es noch „zeitgemäss“, sich christlich zu nennen? „Immer mehr Kandidaten hätten Mühe, sich mit dem C zu identifizieren“, sagt Matthias Müller von der CVP Toggenburg.
«Wir müssen schauen, ob das ‹C› eine Marke ist, die uns hilft» sagt der Parteipräsident Gehard Pfister gegenüber SRF. Moment: Ist das „christlich“ also nur dazu da, um Wähler zu gewinnen, oder im schlimmsten Fall abzuschrecken?

Andrea Gmür, die neue Fraktionschefin der CVP betont, es gehe nicht darum, katholisch zu sein. Es gehe darum, gemeinsam die selben christlichen Werte wie „Solidarität, Offenheit, Toleranz, Respekt, und so weiter“ zu vertreten. Doch nun schaltet sich ein bekennender Christ und hoher Kirchenvertreter in die Diskussion ein. Es sei absolut richtig, wenn sich die CVP vom ‹C› verabschiede, denn sie vertrete schon lange keine christlichen Werte mehr, schreibt Guiseppe Gracia in seiner Blick-Kolumne. Und schon stecken wir mitten in der Politik der christlichen Werte. Auf was genau bezieht sich Bischofsvertreter Gracia, wenn er behauptet, die CVP vertrete keine christlichen Werte? Als einziges nannte er ihre Position in der Frage von Abtreibung und Sterbehilfe. Doch genügen Fragen zum Lebensschutz, die absolut wichtig sind, um zu definieren ob eine Partei christlich ist oder nicht?

Christliche Werte, was ist das?

Es ist auffallend, dass in den letzten Jahren verschiedene Parteien für sich beanspruchten, die christlichen Werte zu verteidigen. Bei genauerem Hinsehen bekam ich jedoch den Eindruck, es gehe nicht um Werteerhalt sondern um Abgrenzung gegen das Fremde. Auffallend war, dass niemand sich festlegen wollte, was denn diese christlichen Werte ausmachten.
Mantra-artig wird erklärt: „Die Schweiz sei ein christliches Land und wir müssten unsere christlichen Werte verteidigen!“ Doch auch da keine weiteren Ausführungen, was die Schweiz zu einem christlichen Land macht. Ich wage kritisch nachzufragen, ob die Präambel „Im Namen Gottes des Allmächtigen“ in der Bundesverfassung genügt, um uns als christliche Nation zu bezeichnen?
Mir scheint, dass die Politik der christlichen Werte heute zu einer „Schlacht“ mit Schlagworten verkommen ist. Doch christliche Werte sollten uns bewegen, diese Werte auszuleben und nicht, den „anderen“ um den Kopf zu schlagen.

Christlich von Christus her

Die christlichen Werte können wir nur von Christus selber her definieren und verstehen. Jesus dachte und handelte immer aus der Perspektive des Reiches Gottes heraus. Er betrieb keine nationale Politik, obwohl die Zeit der römischen Unterdrückung geradezu darnach schrie.
Jesus betrieb eine andere Art der Politik der christlichen Werte. Sein Leben und Wirken schreckte auf. Zu seinen engsten Freunden gehörten Zöllner, Menschen die mit der Besatzungsmacht gemeinsame Sache machten. Er umgab sich mit zwielichtigen Menschen wie Prostituierten, sogar in der Öffentlichkeit. Und eckte mit seinen Aussagen an und forderte das (damalige) Denken damit heraus. Er sagte so Unerhörtes wie: „Liebt eure Feinde“ oder „Verkaufe alles, was du hast, und gib das Geld den Armen.

Mut zum ‹C›

Hat die CVP den Mut, in der Politik der christlichen Werte nicht nur Schlagworte zu gebrauchen, sondern diese Werte wirklich zum Massstab ihrer politischen Arbeit zu machen? Egal, ob es Wahlerfolg bringt oder nicht? Die christlichen Werte liessen Jesus alleine am Kreuz hangen. Alle haben ihn verlassen, sie hatten zu wenig Mut, so christlich zu leben wie er es tat.