Der deutsche Psychoanalytiker Tilman Moser (*1938) prägte mit seinem 1976 veröffentlichten Buch „die Gottesvergiftung“ die Diskussion, wie schädlich religiöse Erziehung für Kinder sei. Ich frage, bald fünfzig Jahre später: Leiden wir heute wirklich an einer „Gottesvergiftung“ und nicht eher unter „religiöser Vernachlässigung“?

Das Buch „Die Gottesvergiftung“ ist eine persönliche und kritische Auseinandersetzung des Autors mit seinen Erfahrungen von Religion. Bald fünfzig Jahre später besteht immer noch der Verdacht, dass Religion für die Entwicklung des Kindes schädlich sei. Dabei geht vergessen, dass sich die Zeit, in welcher T. Moser aufgewachsen ist, nicht mit unserer Zeit vergleichen lässt. Die Gesellschaft, die Stellung der Kirche und auch das Schulsystem haben sich grundlegend geändert. Kann heute in der Frage der religiösen Erziehung wirklich noch von der Gefahr einer Gottesvergiftung gesprochen werden?

 

Negative Erfahrungen

Auch mir begegnen immer wieder (gleichaltrige) Menschen, die negative Erfahrungen mit der Kirche gemacht haben, die unter einer „Gottesvergiftung“ leiden. Glaube und Religion wird oftmals mit Zwang und Angst verbunden. In ihrer Kindheit hörten sie oftmals Sätze wie: „Auch wenn wir nicht sehen was du anstellst, Gott sieht es immer.“ Oder: „Glaubst du, Gott hat Freude an dem was du da machst?“

Interessant ist, dass solche Erfahrungen in allen Kirchen und Konfessionen gemacht wurden. Ich glaube, es sagt eigentlich mehr aus über die damalige Zeit als über den Glauben, die Religion oder Kirche. Man versuchte mit Zwang und Strafen, die Kinder auf den „rechten Weg“ zu bringen. Die „Schwarze Pädagogik“ hatte einen grossen Einfluss auf Religion und Kirche. Im Rückblick wird deutlich, dass der Zeitgeist das Verständnis von Religion und Glaube massgeblich mitprägt und sogar verzerren kann. Denn, wenn wir an einen liebenden Gott glauben, warum muss dann ein Kind zu ihm hingeprügelt werden? Es erstaunt nicht, dass solche Methoden zu einer „Gottesvergiftung“ führen können.

 

Wo stehen wir heute?

„Angesichts des Wandels der religiösen Erziehung und der Veränderung im Aufwachsen von Kindern allgemein reicht es jedenfalls nicht mehr, nur vor der Gefahr einer ‚Gottesvergiftung‘ zu warnen“, schreibt der Religionspädagoge Friedrich Schweitzer in seinem Buch „Das Recht des Kindes auf Religion.“ Und weiter: „Die gesunde Entwicklung des Kindes ist offenbar auch dann bedroht, wenn nicht zu viel, sondern wenn zu wenig religiös erzogen wird und wenn religiöse Erfahrungen sprachlos bleiben und nicht mehr mit anderen geteilt werden können.“ (S79)

 

„Religiöse Vernachlässigung“

Heute droht vielmehr eine „religiöse Vernachlässigung“ als eine „Gottesvergiftung“. Glaube und Kirche sind heute bedeutungslos geworden. Kinder lernen zuhause kaum mehr etwas über Religion, weil die Eltern ihren Kinderglauben mit den negativen Erfahrungen über Bord geworfen haben. Leider ist es vielen nicht gelungen, einen neuen Zugang zum Glauben zu entdecken. Dadurch fällt es ihnen selber schwer, religiöse Erfahrungen und Fragen auszudrücken. Und so wachsen immer mehr Kinder religionslos auf, obwohl ihre Familie sich nach wie vor zu einer Konfession zählen, diese aber nicht länger aktiv leben oder sich sogar schwer tun damit. Die Folge davon sind Kinder, die fast keine religiösen Grundkenntnisse mehr haben (religiöse Feste und Bräuche), oder denen non- verbal vermittelt wurde, dass Kirche und Religion eher lästige Pflichten seien.

 

Und ich?!

So unter uns: Ich bin nie gerne in die Schule gegangen. In meiner Erinnerung hat das schon in den ersten Schulwochen begonnen. Ich könnte eine lange Liste mit Enttäuschungen, Frust-Situationen und negativen Erlebnissen schreiben. Und jetzt sind unsere Kinder im Schulsystem. Und ich merke, dass Schule heute ganz anders ist als in meiner Kindheit. Ich freue mich, dass sie gerne gehen und gute Lehrpersonen haben. Nie würde ich meinen Kindern vermitteln, dass Schule doof sei, nur weil ich viele negative Erfahrungen gemacht habe.
Aber nicht nur die Schule hat Spuren hinterlassen. Auch meine religiöse Erziehung im Elternhaus und Kirche. Ein bisschen einen frommen Schaden habe ich schon. Und obwohl ich heute vieles anders sehe und anders erlebe ist es mir wichtig, dass meine Kinder positive religiöse Erfahrungen machen. Denn auch wenn die Menschen versagen, Gott tut es nicht.

 

Gemeinsam entdecken!

Gemeinsam entdecken – als Medizin gegen „Gottesvergiftung“ und „religiöse Vernachlässigung“. Das Beste für unsere Kinder und uns ist, wenn wir uns offen neu Gott zuwenden. Dazu lädt zum Beispiel die Advents – EntdeckerBox ein.

Die biblischen Geschichten sind eine Schatztruhe, diese gemeinsam zu entdecken lohnt sich. Denn Geschichten sind wichtig für die Entwicklung der Kinder und für die Genesung von negativen und verschobenen Gottesbildern. In der Rubrik „Glauben Entdecken“ werden hilfreiche Bücher vorgestellt. Weitere Medien für Kinder und Erwachsene folgen demnächst.