Mit dem „Tatataa, tatataa“ beginnt die bekannte Fünfte Sinfonie von Beethoven, die wohl schon die meisten einmal gehört haben. Doch was hat dieses musikalische Meisterwerk mit einem Algorithmus zu tun? Und was, bitteschön, soll Beethovens Algorithmus sein?

Eine kurze Geschichte von morgen

Diesen Untertitel trägt der Bestseller „Homos Deus“ des jüdischen Historikers und Philosophen Yuval Harari. Eine kurze Geschichte von Morgen nimmt den Leser mit in eine mögliche Zukunft der Menschheit. Er zeigt auf, was mit der Welt passieren könnte, wenn alte Mythen mit neuen göttlichen Technologien wie künstlicher Intelligenz und Gentechnik kombiniert werden. Und Harari wirft die Frage auf: Was bleibt von uns und der modernen Religion des Humanismus, wenn wir Maschinen konstruieren, die alles besser können als wir?

Anhand der Evolutionstheorie und der Reduktion aller menschlichen Fähigkeiten auf Algorithmen, erklärt er die Entwicklung der Menschheit.  Mit vielen Beispielen verdeutlicht er, dass heute einfache Computer-Algorithmen schneller und bessere Entscheidungen fällen können als wir Menschen. Und beim Lesen wird deutlich, wieviel Technik schon heute unser Leben beeinflusst und lenkt.

 

Mensch gegen Computer

Harari zeigt anhand einer Studie von Facebook, dass der Algorithmus von Facebook schon heute Persönlichkeit und Dispositionen von Menschen besser einschätzt als deren Freunde, Eltern und Partner. Je mehr wir auf den „Like-Button“ klicken, umso genauer kennt uns der Algorithmus. Mit lediglich 10 Likes kennt uns der Algorithmus besser als unsere Arbeitskollegen. Er benötigt 70 Likes um besser als unsere Freunde abzuschliessen. 150 Likes reichen aus, um uns besser als unsere Familienangehörigen einzuschätzen. Und 300 Likes braucht es, um den Ehepartner zu übertreffen. Die Studie kommt zum Schluss, dass das menschliche Leben verbessert würde, wenn wir bei Lebensentscheidungen den Computer befragen anstatt uns auf unsere eigene Einschätzung zu verlassen.

So erstaunt nicht, dass moderne Algorithmen heute selbständig Musik komponieren, die es mit Beethoven aufnehmen kann. Der Computer hat alles genau analysiert und weiss genau, was das menschliche Ohr mag. Harari folgert, dass wir dank Technik bessere Musik schaffen können als es die grossen und bedeutenden Musiker jemals konnten.

 

Eine Frage der Perspektive

Was Harari beobachtet und beschreibt, das fasziniert und verängstigt zugleich. Doch will ich seinen Blick auf das Leben und die Welt so teilen?

Der Philosoph und Theologe Johannes Hartl hat einen ganz anderen Blick auf die Welt. In seinem neuesten Buch „Eden Culture“ schreibt er: „Beethovens Fünfte Sinfonie ist ein akustisches Phänomen. Doch wer meint, sie sei nichts weiter als Geräusche, der weiss nicht, wovon er redet.“ Er rät, dass wir uns weigern sollten, die Reduktion des Menschen auf das Biologische mitzumachen. „Das Gehirn ist kein Computer, denn Ich-Bewusstsein ist etwas, das sich jeder materialistischen Beschreibung entzieht. Wir sind nicht nur Überlebensmaschinen, Roboter, die von egoistischen Genen blind programmiert wären, Gene weiter zu verbreiten, wie der atheistische Evolutionsbiologe Richard Dawkins einmal schrieb.“

Hartel kommt zum Schluss, dass wir Menschen mehr brauchen als Effizienz und eine Implementierung der Technik in unser Leben. Was wir wirklich brauchen ist: Verbundenheit, Sinn und Schönheit.

 

Wichtige Fragen

Erfülltes Leben, was ist das? Wie sieht das aus? Verbessern Algorithmen mein Leben? Oder beschleunigen sie es nur? Die Bücher von Harari und Hartel können uns ein Augenöffner auf unsere Welt und unser Leben sein. Welche Variante der Zukunft bevorzuge ich ganz persönlich?

Wer gerne weiter darüber nachdenken möchte, dem empfehle ich den Podcast von Glaube & Gesellschaft der Universität Freiburg. Im Podcast 18 vom Juni, führten sie ein Gespräch über diese Fragen mit Johannes Hartl.