„Wann ist ein Mann ein Mann?“ sang Herbert Grönemeyer schon 1984 in seinem Lied „Männer„. Diese Frage ist heute wohl aktueller denn je. Die öffentliche Debatte dominieren Frauenfragen, Gleichstellung und Sexismus. Laut der kürzlich veröffentlichten Studie „Annabeau“ des Frauenmagazins Annabelle und dem Forschungsinstitut Sotomo, wissen heute immer weniger Männer selber, was es bedeutet, ein Mann zu sein.
«In der Gruppe der unter 35-Jährigen weiss nur noch eine Minderheit, was es genau bedeutet, ein Mann zu sein»
Eine aussterbende Spezies?
Laut der Studie haben 80% der Männer über 65 Jahre eine klare Vorstellung, was es bedeutet ein Mann zu sein. Je jünger die Befragten werden, um so unschärfer ist ihre Vorstellungen davon. Ist der glückliche Mann also eine aussterbende Spezies?
Was auffällt ist, dass über alle Generationen die Männer mit Kindern glücklicher sind als jene ohne Nachwuchs. Und obwohl die über 65-Jährigen den Grossteil der Kinderbetreuung und Erziehung der Mutter überlassen hatten, geben sie an, zufrieden zu sein. Dazu passt aber nicht ganz dazu, dass rückblickend die ältere Generation meint, zu viel Zeit mit dem Job verbracht zu haben.
Das Wesen des Mannes
Doch was ist nun das Wesen des Mannes? Was war es früher, und wie hat sich dies bis heute verändert? Seltsamerweise bringt da die gross-angelegte Studie kein Licht ins Dunkel. Denn die Studie geht mehr den Fragen nach, wie zufrieden die Männer in verschiedenen Lebensbereichen sind. Und nicht, was Männer denken, was Mann-sein ausmacht.
Was auffällt in der öffentlichen Diskussion ist, dass bisher typische Begriffe für Männer wie Stärke, Tapferkeit und Wildheit immer mehr negativ belastet sind. Kaum mehr ein Mann getraut sich laut und öffentlich, diese Beschreibungen für sich zu beanspruchen. „Weich“, verständnis- und liebevoll muss der Mann heute sein.
Kürzlich war ich an einer Weiterbildung für die Arbeit mit Kindern. Da ging es stark um wilde Jungs und wie diese in der heutigen Bildungslandschaft immer weniger Platz haben. Schnell wird ein wilder Junge verdächtigt, unter ADHS zu leiden, doch in Tat und Wahrheit ist es einfach ein gesunder Junge, der gerne die Welt entdeckt, seine Kräfte misst und die Grenzen auslotet. Mir hat diese Weiterbildung wertvolle Inputs für den Religionsunterricht gegeben. Doch was bedeutet dies nun für „ausgewachsene Jungs“?
Jenseits der Klischees
Ich masse mir nicht an, für die Gesamtheit der Männer sprechen zu können. Dazu kommt, dass wir ein Familienmodell praktizieren, welches immer noch eine grosse Ausnahme ist. Obwohl heute alle vorgeben, fortschrittlich und aufgeklärt zu sein, gehöre ich immer noch zur Minderheit der Männer, die „hauptberuflich“ Hausmann sind und sich um die Kinder und den Haushalt kümmern.
In der Studie kommt aber auch klar zum Ausdruck, dass Männer gerne weniger arbeiten würden um mehr Zeit mit den Kindern zu verbringen. Das ist leider immer noch schwierig, weil die Wirtschaft mühe hat mit Teilzeitstellen für Männer. Was mich in diesem Zusammenhang etwas irritiert ist, dass wir bei der Advents-EntdeckerBox, welche als Projekt für die ganze Familie gedacht ist und besonders auch auf Väter ausgerichtet ist, immer noch viel mehr Mütter haben, die alleine mit den Kindern kommen als Väter mit ihren Kindern. Eigentlich sehr schade.
Für mich findet Mann-sein je länger je mehr jenseits des Klischees des starken und rauen Mannes, wie Hollywood es uns vorgaukelt, statt. Es ist aber auch jenseits der weichgespülten Vorstellungen der heutigen Zeit.
Und für mich persönlich zählt viel mehr die individuelle Persönlichkeit eines Menschen als der geschlechtliche Stereotyp. Ich darf ganz Mann sein, auch wenn ich nicht ständig mit der Motorsäge herumrenne oder mit der Bierflasche vor dem Fernseher sitze und Fussball schaue. Und doch tobe ich mit unseren Jungs im Wasser wild herum, lasse mich von meinem Forscherdrang treiben und bin zwischendurch gerne furchtbar kindisch 😉
Der ZDF Film „Mann-sein – Traditionelle Rollenbilder im Wandel der Zeit“ zeigt verschiedene Männer auf der Suche nach dem Mann-sein.
Was bedeutet für dich Mann-sein? Wäre cool, wenn hier in der Kommentarspalte die Gedanken weitergeführt, ergänzt und korrigiert werden können! Ich freue mich auf eure Beteiligung!
Toller Artikel, danke Patrick! Ganz praktisch kann es bei der Freizeitgestaltung von Vater und Sohn ja etwas herausfordernd werden, wenn die Wildheit und Sportlichkeit des Jungen nicht ganz mit dem Persönlichkeitsprofil des Vaters übereinstimmt und der lieber ins Museum als auf den Sportplatz möchte. Wenn also die Geschlechter-Stereotypen nicht passen und gemeinsame Leidenschaften von Vater und Sohn gar nicht so einfach zu finden sind…